Berlin-Brandenburg-Biker.de Foren-Übersicht
Berlin-Brandenburg-Biker.de
Forum für Motorradfahrer/innen aus Berlin und Brandenburg


 
Startseite FAQ Suchen Registrieren Login
Hallo Gast!   + + +   Mach mit und registriere dich!   + + +   Ostermontag-Kaffeerunde am 01.04.2024   click    + + +   Bericht Osterfeuer 2024 vom 28.03.2024   click    + + +   Bericht 137. BBB-Stammtisch vom 22.03.2024   click    + + +   Bericht 136. BBB-Stammtisch vom 01.03.2024   click    + + +   
 Shoutbox              Dies ist eine Ruf-Box, keine Such-Box!
Aktualisieren


Quasselecke Rollende Zeitbombe ?    

 Lesezeit: 3,18 Min 

nach unten Home Zum Forum Quasselecke
Autor Nachricht
Ron ✦✦✦
Moderator
Forums-Sponsor
Tourguide

 Benutzer-Profil anzeigen
  Private Nachricht senden
  eMail senden
  Website dieses Benutzers besuchen

Anmeldedatum: 07.01.2007
Beiträge: 5508
Wohnort: Ofenstadt Velten   
BeitragVerfasst am: 26.02.2014 04:26 Uhr   Titel: Rollende Zeitbombe ?

 Lesezeit: 3,18 Min 

   

Am 25.02.2014 hat auf den Tag genau nach einem halben Jahr das Straf-
verfahren gegen den Autofahrer des schweren Unfalls vom 25. August
(siehe Tour "4-Länder-Eck" unter "Tagestouren") stattgefunden.

Ich wollte ein wenig "Biker-Präsenz" zeigen und habe mich bei bestem
Wetter per Mopped auf den Weg dorthin gemacht, um den Prozess als
Zuschauer zu verfolgen.

Am Amtsgericht in Dannenberg (Elbe) angekommen habe ich Jeffrey (das
war der Fahrer, der am Straßenrand lag), dessen Mutter und die Frau von
Michael (das war der zweite Fahrer, der noch immer in kritischem Zustand
im Krankenhaus liegt) kennen gelernt.

Bis zum Aufruf des Verfahrens mussten wir eine ganze Weile warten, weil
sich der vorher liegende Termin verzögert hatte. So warteten wir über eine
halbe Stunde auf dem Flur. In einer Ecke saß auch der betagte Unfallfahrer
mit Familienangehörigen und seinem Anwalt und die beiden Polizisten vom
Unfalltag waren als Zeugen ebenso erschienen. Mit dem einen hatten wir
ein längeres Gespräch. Dabei hat man schon mitbekommen, dass auch sie
mit der Erinnerung an den Unfalltag ganz schön zu kämpfen haben.

Als wir dann hereingerufen wurden, mussten Jeffrey und ich den Saal wieder
verlassen, weil wir entgegen der Ladung doch als Zeugen in Frage kommen
könnten.

Nach ein paar Minuten wurde ich nach Jeffrey aufgerufen und wurde zwar
nicht zum Unfallhergang befragt (wir waren ja auch keine Augenzeugen),
sondern mehr zur Situation am Unfallort und ganz besonders auf das
Verhalten des beschuldigten PKW-Fahrers. Wer dabei war, der weiß, wie
mein Eindruck von dem alten Herrn war, der die ganze Zeit widersinnige
Sachen stammelnd am Unfallort hin- und hergelaufen war. Und ich muss
auch sagen, dass sein Auftreten im Gerichtsgebäude kaum anders war, nur
dass er dort von seinem Anwalt an die Kandare genommen worden war.

In dem Prozess ging es nicht um die Schuldfrage. Diese wurde von der
Verteidigung sofort eingeräumt. In diesem Punkt ging es also "nur" um
eine fahrlässige Körperverletzung.

Eine andere Frage war wichtiger: nämlich ob sich der Fahrer vorsätzlich
fahruntauglich ans Steuer gesetzt hatte. Denn er hatte am Unfallort mehr-
fach eingeräumt, dass er "eingenickt" sei. In seiner späteren Aussage gab
er an, dass er von dem Besuch eines Bauernmarktes sehr geschwächt
gewesen wäre und deshalb nach Hause wollte. Hieraus erhob die Staats-
Anwältin den Vorwurf einer vorsätzlichen Verkehrsgefährdung, was schwer-
wiegender gewesen wäre.

Klar, dass das der einzige Angriffspunkt des Verteidigers war. Er wollte diese
eigene Darstellung des Angeklagten abschwächen und das "Einnicken" als
zufälliges Geschehen darstellen.

Bei der Vernehmung des einen Polizisten wurde er dann auch sehr heftig
und griff den Beamten verbal ziemlich mies an. In Frage stand die Formu-
lierung im Unfallbericht, dass der Fahrer angab "... wohl eingenickt ..." zu
sein und damit die Frage, ob das Wort "wohl" nicht einen Konjunktiv dar-
stellen würde und nicht als Tatsachenbehauptung des Beschuldigten hätte
verstanden werden dürfen.

Was für mich eigentlich eine eher stilistische Frage der gewählten Prosa-
form des Berichts war, wurde hier auf die Goldwaage gelegt. Und in der
Tat konnte man damit den Vorwurf der Verkehrsgefährdung nicht aufrecht
erhalten.

Es wurden dann noch die schweren Folgen des Unfalls erörtert (insbeson-
dere bei Michael, dessen Zukunft noch immer ungewiss ist) und auch das
Verhalten des PKW-Fahrers nach dem Unfall. Bis zum Tage des Verfahrens
hat sich der Kerl nicht einmal nach dem Befinden der Opfer erkundigt. Sein
einziges Interesse bestand darin, seinen Führerschein zurück zu bekommen.

So fiel dann auch das Urteil aus: wegen der fahrlässigen Körperverletzung
wurde er zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 25 Euro verdonnert,
also 3.000 Euro, die er in monatlichen Raten zu 200 Euro abzahlen kann.

Und seinen heiß begehrten Führerschein ...den hat er noch in der Verhand-
lung zurück bekommen!

Ich will keine Urteilsschelte betreiben, denn die Erwägungen des Richters
waren absolut in Ordnung. Zudem hatte ich den Eindruck, dass ihm selbst
das Urteil auch nicht angenehm war. Aber juristisch ging es eben nicht
anderes. Immerhin gilt stets "in dubio pro reo". Und das Entziehen der
Fahrerlaubnis als Strafe ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Aber immerhin gibt es einen Lichtblick: der Richter hat angekündigt, dass
er die Prozessakte an die zuständige Führerscheinstelle weitergeben wird
und eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit empfehlen wolle. Ein Strafgericht
kann so etwas nicht durchurteilen. Aber soweit mir bekannt ist, wird das
in jedem Fall zu einer vollständigen MPU führen. Und ich kann mir nicht
vorstellen, dass der Mann sie bestehen wird.

Deshalb bleibt er bis dahin in meinen Augen eine rollende Zeitbombe!

Gruß Ron
_________________
Wer nicht gelebt hat, der kann auch nicht sterben.

www.RonGS.de
nach oben nach unten Home Zum Forum Quasselecke
       
© 2007-2020 Berlin-Brandenburg-Biker.de
Based on phpBB by phpBB-Group
Anzahl abgewehrter Hack-/Spam-Versuche:
100815
Impressum