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Schreibstube Wieviel Glück passt in einen Koffer?    

 Lesezeit: 2,75 Min 

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My Lady ✦✦
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Anmeldedatum: 07.06.2009
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Wohnort: Berliner Norden   
BeitragVerfasst am: 20.12.2020 18:53 Uhr   Titel: Wieviel Glück passt in einen Koffer?

 Lesezeit: 2,58 Min 

   

Nach einer wahren Begebenheit zu einer Zeit, als man noch tun konnte, was allgemein als Urlaubsreise bekannt ist...

Ich möchte schreien, brüllen, treten, aus der Haut fahren. Aber all das würde nichts nützen, es würde sie nicht hierher bringen.

Nachdem uns der freundliche Mitarbeiter erklärt hatte, dass wir uns auf Kosten des Reiseveranstalters mit Kleidung und Toilettenartikeln im Bordshop versorgen dürfen, hatte ich sofort die Boutique gestürmt und das teuerste Parfum gekauft. Das erhoffte, angenehm wohlig warme Gefühl wollte sich aber nicht wie gewohnt einstellen.

Wieder auf der Kabine kämpfe ich mit den Tränen. Zum ersten Mal sind wir in der Karibik, ein langersehnter Traum. Unser ganzes Gepäck ist verschwunden. Wir haben nur, was wir am Körper tragen. Ich werfe mich aufs Bett, kneife fest die Augen zu und hoffe, dass sich gleich alles als böser Traum entpuppt. Wütend zu sein macht auf Dauer müde und eine unsägliche Leere und Schwärze breitet sich plötzlich in mir aus.

Dann ein kleiner Lichtpunkt. Wir sind hier in der Karibik, am für uns schönsten Ort der Welt. Wer weiß, ob und wann ich wieder hierher komme!? Ich will nicht zulassen, dass ein wenig Plastik mir diese Freude verdirbt. Es ist jetzt nicht zu ändern, und wir beschließen, das Beste daraus zu machen.

Der Vorsatz wird am nächsten Tag auf eine harte Probe gestellt, denn wir haben einen Schnorchelausflug geplant, und ich habe keine Badebekleidung. Der Bordshop kann mir nichts passendes bieten, und so entscheide ich mich für ein Shirt aus dem Taucherbedarf. Als Badehose muss meine Unterwäsche herhalten.

Ich ziehe mich auf dem kleinen Boot um, stehe mit dem Rücken zur Gruppe der anderen Teilnehmer. Schamgefühl steigt in mir auf, ich spüre trotz der Wärme, wie meine Wangen beginnen zu glühen. Wird jemand bemerken, dass ich Unterwäsche trage? Ich straffe meine Schultern und drehe mich in Erwartung hämischer Blicke oder gar dümmlicher Bemerkungen energisch um... und bin fast ein wenig enttäuscht. Niemand starrt mich an oder interessiert sich für mich.

Kurz darauf kommt mir der Gedanke, dies alles könne eine Lektion für mich sein, meine Prioritäten zu überdenken. Was ist eigentlich wirklich wichtig, wovon hängt mein Glück tatsächlich ab? Und was ist nur Ballast, den ich mir selbst auferlege?

Schneller als gedacht gewöhne ich mich an die Situation und genieße die positiven Seiten des Verlustes. Die Frage nach dem „Was ziehe ich heute an?“ stellt sich praktisch nicht, auch Frisur und Make-up spielen keine Rolle. Yesterday-Look ist angesagt.

Kurz vor dem Zubettgehen schlendern wir in Bademantel und Schlappen zur Rezeption und geben unsere wenigen Kleidungsstücke ab, um sie am nächsten Morgen gewaschen und gebügelt an der Kabinentür hängend vorzufinden. Ob mich jemand dabei beobachtet oder sich lustig macht, interessiert mich längst nicht mehr. Wir genießen unseren Urlaub und vermissen nichts.

Als nach einer Woche plötzlich unsere Koffer in der Kabine stehen, geht merklich ein Stück Unbeschwertheit verloren. Nun gibt es keine Entschuldigung mehr, zerknittert und nachlässig frisiert herum zu laufen. Ich habe keine Lust, ihn überhaupt noch auszupacken und öffne lustlos den Reißverschluss. Ganz oben auf liegt die schicke, neue Bluse, die ich extra für den Urlaub gekauft hatte.

„Bist du fertig für's Abendessen?“ höre ich Stefan. Ich schaue auf die Bluse, dann in den Spiegel. Stirn und Wangen sind sonnenverbrannt, dunkle Sommersprossen lassen meine Nase noch größer erscheinen. Meine Haare, zu einem schiefen Knoten zusammengefasst, sind vom Salzwasser strohig und von der Sonne ausgebleicht. Der kleine Fleck auf meinem Shirt hätte mir früher den Abend verdorben. Jetzt nicht mehr. Ich schenke mir ein Lächeln. „Ja, fertig!“
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Ob eine schwarze Katze Unglück bringt hängt davon ab, ob man ein Mensch ist oder eine Maus.
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Ron ✦✦✦✦
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Beiträge: 5557
Wohnort: Ofenstadt Velten   
BeitragVerfasst am: 21.12.2020 04:56 Uhr   Titel:

 Lesezeit: 0,14 Min 

   

Ein sehr netter Beweis für die Maxime, dass ein Leben immer auch gelebt werden will. Oder anders gesagt: Leben ist stets das, was man daraus macht. Wink

Sehr schön!

Gruß Ron Winken
_________________
Wer nicht gelebt hat, der kann auch nicht sterben.

www.RonGS.de
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Guzzi-Peter 
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Anmeldedatum: 27.09.2018
Beiträge: 229
Wohnort: Berlin-Schöneberg   
BeitragVerfasst am: 23.12.2020 09:30 Uhr   Titel:

 Lesezeit: 0,03 Min 

   

... genau, auch in Corona-Zeiten... Mopped

Schöne Feiertage
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