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Berlin-Brandenburg-Biker.deForum für Motorradfahrer/innen aus Berlin und Brandenburg
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Ron ✦✦✦✦
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Anmeldedatum: 07.01.2007 Beiträge: 5606 Wohnort: Ofenstadt Velten
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Verfasst am: 03.03.2016 15:07 Uhr Titel: Merkwürdige Ausschilderung |
Lesezeit: 2,90 Min |
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Ich habe ja schon davon erzählt: es gab da eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen der brandenburger Polizei und mir. Die wurde gestern geklärt.
Das Wichtigste vorab: das Verfahren wurde eingestellt, d. h. ich bin aus der Nummer völlig raus. Also weder Punkte, noch Bußgeld und schon gar kein Fahrverbot.
Aber leider wurde die Entscheidung nicht aus den Gründen getroffen, wie ich es mir gewünscht hätte. Allein der vermutlich falsche Aufbau des Laser-Messgerätes (falsche Einmessung an einem unzureichenden Objekt), sowie die Tatsache, dass die Messung während eines Überholvorgangs stattfand, haben ausgereicht.
Viel spannender bleibt damit folgende Frage: war die Ausschilderung richtig?! Und damit auch die Frage, ob an dem Messpunkt das Tempolimit 80 oder 100 km/h galt.
Die Situation war folgende: nach einem Ortsausgang kam das Schild "80" (Zeichen 274-58). Etwa einen Kilometer später die Schilderkombination "60" mit "Kurve links" (Zeichen 274-56 mit Zeichen 103-10). Letzteres hebt sich von allein auf (§ 41 (1) StVO Anlage 2 Nr. 55), wenn die Gefahrenstelle zweifelsfrei passiert wurde, was bei einer Kurve auch leicht ist - im Gegensatz z. B. zu einer Baustelle, wo man eine angemessene Strecke bis zur expliziten Aufhebung abwarten muss!
Hier eine Skizze:
Nach dem Urteil des heutigen OLG München (damals noch Bayerisches Oberstes Landesgericht) gilt: " … Eine durch Zeichen 274 angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung endet auch durch ein neues Zeichen 274 mit abweichender Angabe sowie innerorts am Ortsausgangsschild. …" (BayObLG NZV 93, 363) .
Ich gehe also davon aus, dass nach der Kurve wieder die allgemeine Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 100 km/h gilt.
Auch wenn ich wegen der Einstellung jetzt kein nachlesbares Urteil bekomme, haben wir (die Richterin, mein Anwalt und ich - mehr waren während der Verhandlung auch nicht anwesend) dennoch über die Frage gesprochen. Auch die Richterin bestätigte, dass es zu dieser Frage keine Rechtsprechung gäbe. Sie sagte auch, dass sie "im ganzen Haus herumgefragt" habe und von den Kollegen keine einheitliche Meinung gehört hätte. Und sie gab zu, dass sie wahrscheinlich genauso gehandelt hätte wie ich, weil sie auch davon ausgegangen wäre, dass wieder das allgemeine Tempolimit gelten würde. Insofern hätte ich in jedem Fall mit einem mir zugestandenen Verbotsirrtum rechnen können, der mich vor einem Fahrverbot gerettet hätte.
Allerdings fand sie dann doch noch eine Quelle, die sie uns aber nicht genannt hat. Und zwar gäbe es einen Kommentar (noch einmal in Worten: genau einen Kommentar), der die genannte Schilderkombination wegen einer Gefahrenstelle nicht als Streckenverbot qualifizieren würde und es damit keine vorherige Beschränkung beenden könne. Deshalb könne man annehmen, dass das vorherige Limit von 80 km/h weiterhin gelten würde. Sie stellte mit diesem Beispiel einen Vergleich mit temporären - z. B. durch Uhrzeit geregelten - Ge- und Verboten an. Ich bin allerdings der Meinung, dass dieser Vergleich hinkt. Denn ein wegen der Uhrzeit gerade nicht gültiges Ge- oder Verbot entfaltet gar keine Wirkung- also auch keine Begrenzung eines vorherigen Ge- oder Verbotes.
Außerdem bin ich der Meinung, dass diese Auslegung gegen die Grundsätze der Sichtbarkeit und Wahrnehmbarkeit verstößt. Denn es würde tatsächlich bedeuten, dass ein Verkehrsteilnehmer in dieser Situation die StVO interpretieren muss. Dass darf grundsätzlich nicht sein! Man stelle sich vor, wenn diese Ausschilderung noch eine weitere Unterbrechung hätte (z.B. Tempo 70 auf den nächsten 500 Metern wegen Wildwechsel). Ist es einem dann wirklich zumutbar, alle vorherigen temporären Beschränkungen im Kopf zu haben?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Verfahren in der zweiten Instanz anders ausgegangen wäre. Leider können wir das anhand meines Falles nicht mehr weiterbetreiben. Denn einerseits bin ich mit dem Augang für mich zufrieden und außerdem fehlt mir die Zeit und das Geld dafür, ggf. bis in die vierte Instanz zu marschieren.
Übrigens: einer der beiden als Zeugen angehörten Polizeibeamten hat den Messort tatsächlich als "beliebten" Messpunkt bezeichnet, an dem man öfter stehen würde. Jetzt wissen wir auch warum!
Der konkrete Ort ist die Strecke L164 von Herzberg (Mark) kommend nach Radensleben. Wer dort also einmal gestoppt und zur Kasse gebeten wurde, hat gute Aussichten, sich dagegen zu wehren!
Gruß Ron _________________ Wer nicht gelebt hat, der kann auch nicht sterben.
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Ben800 ✦✦
Topuser
Anmeldedatum: 26.10.2014 Beiträge: 278
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dimbo ✦
Newbie
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Verfasst am: 04.03.2016 06:16 Uhr Titel: |
Lesezeit: 0,52 Min |
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hallo Ron,
Glück für Dich das man es so sieht. Ich bin selbst Polizist am Riegel-Messgerät (Laserpistole). Es gibt eine Rechtsprechung zu Deinem Fall:
Zitat: „Nach geltender Rechtsprechung endet eine angezeigte Gefahr nicht unmittelbar (!!!) hinter einer Gefahrstelle/-strecke. Selbst wenn sich aus der Örtlichkeit subjektiv sicher ergibt, dass die Gefahr nicht mehr besteht, hat der Fahrzeugführer noch auf ein etwaiges Aufhebungszeichen zu achten. Erst beim Ausbleiben des Aufhebungszeichens nach angemessener Wegstrecke hinter der angezeigten Gefahr gilt die Örtlichkeit als "zweifelsfrei" (!) ungefährlich.“
Das würde heißen, dass Du auch hier angemessen würdest und es vor einem Berliner Verkehrsgericht gehen würde. Bisher habe ich keinen Richter erlebt, der uns nicht Recht gegeben hat. _________________ Das Licht am Ende des Tunnels kann auch ein mir engegenkommender U-Bahnzug sein. |
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pelziger37 ✦
Gast
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Verfasst am: 04.03.2016 08:40 Uhr Titel: |
Lesezeit: 0,45 Min |
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was sagt uns das ...
die Polizei/Staat hat immer Recht
das zeigt ja schon die Tatsache das Verfahren maximal
eingestellt werden ..fast nie gibt es ein Freispruch
ging mir voriges Jahr ähnlich mit einem OKR von den zivis ,
dem ich nicht unterwürfig genug war ..
es reichte ,das er Polizist war und ich nur ein bürger ohne jeglichen
vorstrafen oder Punkte ..sogar Sicherheitsüberprüft und höchster
Sicherheitsstufe ..dennoch Aussage gegen Aussage ( er log und verdrehte
die Tatsachen ) gab es nur eine einstellung und die unterschwellige Drohung ,nicht noch weiter gegen diesen Herrn vorzugehen ..
sowas prägt und erzieht ..im negativen Sinne
ich sehe heute die Polizei ein wenig anders |
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Ron ✦✦✦✦
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Verfasst am: 04.03.2016 10:33 Uhr Titel: |
Lesezeit: 1,41 Min |
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@Ingo: schätze, dass das Zitat aus dem PolFaHa stammt. Denn diese "allgemeine" Rechtsprechung gibt es so nicht. Die Urteile beziehen sich immer auf konkrete Situationen. Und die "zweifelsfreie" Passage einer Gefahrenstelle ist schon eindeutig. Nur z. B. bei einer Baustelle nicht, weil ein Verkehrsteilnehmer nicht immer einschätzen kann, ob die mit der Baustelle verbundenen Gefahren (z.B. "mitrollender" Splitt) auch wirklich beseitigt sind. Deshalb soll dort eine angemessene Strecke abgewartet werden, ob es eine explizite Aufhebung gibt.
Ganz im Gegensatz die Kurve: es gibt ein Urteil vom OLG Hamm (3 Ss OWi 292/98), wonach eine Kurve als unmittelbar beendet angesehen wurde. Die dortigen Behörden haben nach der Kurve eine Geschwindigkeitskontrolle durchgeführt, weil es kurz dahinter eine weitere Gefahrenstelle gab (enge Bebauung). Weil sich das Gefahrzeichen 103 (Kurve) aber nur auf die Straßenführung bezog, konnte dies nicht die Grundlage für die Messung sein. Deshalb wurde das Ergebnis zu recht verworfen.
@Edgar: ich glaube nicht, dass die Justiz und Polizei da "gemeinsame Sache" machen. Ich bin schon davon überzeugt, dass sich vor allem die Justiz sich ihre Unabhängigkeit immer bewahren wird. So wie ich es vorgestern erlebt habe, sind auch Polizeibeamte "nur" Zeugen einer Tat und werden so auch angehört. Dass einem Polizisten immer eine höhere Neutralität unterstellt wird, ist sicher nicht immer richtig, denn auch in meinem Fall hatte ich ein paar Bedenken, was deren Argumentation anbetraf. Aber dennoch liegt das in der Natur der Sache. Man stelle sich vor, die Polizei käme zu einer häuslichen Streitigkeit und ihre Aussage würde gleichrangig zu den streitenden Familienmitgliedern angesehen. Da wäre wohl das Chaos vorprogrammiert.
Allerdings stimmt es andererseits auch, dass die Polizei ihre Aufgaben nicht immer im Sinne der der Sache wahrnimmt. Gerade in Berlin, wo die Leiter der Direktionen unmittelbare Budget-Vorgaben haben. Wollen sie keinen Stress mit dem PolPräs riskieren, werden auch schon einmal Sonderkontrollen anberaumt, um den fehlenden Umsatz auszugleichen. Ich weiß, dass das immer keiner glauben möchte ... und doch ist es die Wahrheit!
Gruß Ron _________________ Wer nicht gelebt hat, der kann auch nicht sterben.
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Ron ✦✦✦✦
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Ron ✦✦✦✦
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biker ✦
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Ron ✦✦✦✦
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Verfasst am: 07.04.2016 16:06 Uhr Titel: |
Lesezeit: 0,45 Min |
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biker hat Folgendes geschrieben: |
ich sehe das so: ich würde nach der kurve wieder 80km/h fahren, da die 60km/h nur für die "scharfe" links kurve gilt! |
Aber genau darum ging es doch. Und dass das so eindeutig nicht ist, geht doch wohl aus dem Obenstehenden hervor, oder? Sich widersprechende Juristen und Instanzen sind für die Verkehrsteilnehmer kein haltbarer Zustand. Bei den Vorschriften der StVO darf es gerade nicht darum gehen, was ein Einzelner meint. Die Regelungen müssen klar definiert sein und zudem deutlich erkennbar und wahrnehmbar sein. Und an all' dem mangelt es in dieser Frage.
Gruß Ron _________________ Wer nicht gelebt hat, der kann auch nicht sterben.
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biker ✦
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