Wenn ein Autor mal einen Welt-Bestseller gelandet hat, ist es natürlich
immer schwer, weitere Werke von ihm zu beurteilen, ohne Vergleiche
anzustellen. In diesem Fall muss man auch eingestehen, dass dieses
Buch nicht an "Drachenläufer" heranreicht. Aber mit "Tausend strahlende
Sonnen" ist es Khaled Hosseini wieder gelungen ein sehr einprägsames
Bild seines Geburtslandes und der afghanischen Gesellschaft zu zeichnen.
Diesmal wird aus der Sicht zweier Frauen eine dramatische Lebensge-
schichte erzählt, die das schwere Los beschreibt, das Frauen in der
Zeit nach dem Sturz der Monarchie, der Invasion sowjetischer Truppen,
dem Befreiungskrieg der Mudschahedin und schließlich dem Terror-
Regime der Taliban zu tragen hatten. Wie selbstverständlich erscheint
dabei die ohnehin schon geringe gesellschaftliche Stellung der Frau in
einem islamischen Land.
Beide Frauen werden schon als Minderjährige mit dem selben Mann
verheiratet. Den verlangten unbedingten Gehorsam verschafft sich der
Mann auf ungeheuer brutalem Wege. Vergewaltigung, Prügelstrafen und
andere seelische Erniedrigungen sind an der Tagesordnung. Viel zu spät
lernen die Frauen sich zu verteidigen. Dies führt zwar zu einer Befreiung
aber dafür ist ein hoher Preis zu zahlen.
Das Buch ist nichts für zart besaitete Gemüter. Ein klares "Happy End"
gibt es nicht. Vielmehr hinterlässt die Geschichte ein Gefühl dafür, dass
noch eine Menge passieren muss, wenn man aus dem Land einen wirklich
freiheitlichen Ort machen wollte.
Die Schilderungen der alltäglichen Szenen sind sehr eingängig. Unbewusst
vergleicht man sie immer mit den Bildern, die wir hier nur über das Fern-
sehen kennen. Vielleicht ist das das Geheimnis des Autors, warum man
sich den Menschen nach dem Lesen des Buches näher fühlt und glaubt,
manche Zustände besser zu verstehen.
Insgesamt ein sehr beeindruckendes Buch, das sich zu lesen lohnt!
Wie schon beim "Drachenläufer" lernt man die Menschen und deren Kultur
besser zu verstehen und damit Vorbehalte, die man vielleicht mit sich
herumträgt, abzubauen und einen viel differenzierteren Blick auf die
Tragödie der ganzen Region zu werfen.
Gruß Ron _________________ Wer nicht gelebt hat, der kann auch nicht sterben.